Der Mann im Heuhaufen - Roman by Birgit Hasselbusch

Der Mann im Heuhaufen - Roman by Birgit Hasselbusch

Autor:Birgit Hasselbusch [Hasselbusch, Birgit]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-24T16:00:00+00:00


»Hallo!« Maren steckte ihre Nase in mein kleines Behandlungszimmer. Sie hatte gerade einen neuen Patienten behandelt, der uns fragte, ob wir Lust auf einen Kaffee hätten. Neben der Praxis war ein kleiner Coffeeshop, nicht zu vergleichen mit dem »Café au lait«, aber auch dort machten sie einen ganz guten Cappuccino.

»Da hab ich ja Glück gehabt, dass ich hier noch einen Termin bekommen habe.« Er lächelte Maren an, und ich fühlte mich schon jetzt wie das fünfte Rad am Wagen. Keine Frage, wer die besseren Chancen bei dem sympathischen Kerl hatte. Er hatte nur Augen für Maren, und sie sah so aus, als würde sie ihm auf Wunsch ohne zu zögern zehn rezeptfreie Extrabehandlungen verschreiben. Ich freute mich für meine Kollegin. Und ich freute mich über die Extraportion Koffein, die ihr Verehrer uns ausgab.

Liebe auf den ersten Blick. So sah es bei Maren aus. Ich hatte das bisher noch nie erlebt, bei mir war die Liebe immer langsam gewachsen, nicht nur auf meiner, vor allem auch auf der Gegenseite. Ich war wohl nicht so sehr der Typ, in den man sich Hals über Kopf verliebte, Frau, Kinder, Haus und Hof zurückließ, um gemeinsam ein neues Leben in der Südsee zu beginnen. Le coup de foudre, nannten es die Franzosen. Übersetzt bedeutete das so viel wie »Blitzschlag«. Meinen ersten und einzigen coup de foudre hatte ich im Zug mit meinem Unbekannten erlebt. Vielleicht war er deshalb so wertvoll für mich? Dieser Moment und dieser Mann.

»Was glaubst du, wie viele Termine werde ich brauchen?«

Maren lachte ein wenig zu laut.

»Ach, soo schlimm ist es eigentlich gar nicht mit deinem Knie. Aber, wer weiß, vielleicht verdrehst du dir ja auch noch das linke.« Maren flirtete sich um Kopf und Kragen. Sie sah auf einmal so strahlend aus, ihre Haare glänzten, und ihre Haltung war aufrecht.

Ich kam mir überflüssig vor, trank meinen Cappuccino aus, verabschiedete mich und ließ die beiden Turteltäubchen allein. Ich würde Maren später raten, das nächste Rendezvous nicht direkt neben der Praxis abzuhalten. Wenn Antje mitbekäme, dass Maren im Begriff war, etwas mit einem Patienten anzufangen, würde sie garantiert dazwischenfunken. Sie war so altmodisch, dass so etwas für sie überhaupt nicht infrage kam.

Wie übertrieben. Ich meine, wir redeten hier ja nicht von einem Professor, der etwas mit seiner Studentin anfing. Antje war wohl selbst so frustriert, dass sie auch anderen kein Glück gönnte. Aber das würden wir schon geheim zu halten wissen.

Der Mann gefiel mir. Man merkte, dass ihm wirklich etwas an Maren lag, sofern man das nach so kurzer Zeit beurteilen konnte. Manchmal war eben innerhalb einer Nanosekunde alles klar, und ganz plötzlich erklärte sich einem dieser verdammte Sinn des Lebens.

Maren konnte von Glück reden, denn sie hatte mir gegenüber einen klaren Vorteil: den Namen ihres neuen Schwarms samt Adresse und Telefonnummer. Sie sparte sich nicht nur unfreundliche Telefonanbieter und Friseursalons mit unsäglichen Namen, sondern auch den Einstieg in die Kriminalität. Apropos. Ich müsste mir mal weitere Namen auf meiner illegalen Liste von Autokennzeichen vornehmen.

Hatte ich denn schon aufgegeben? Die Geschichte mit Maren spornte mich jedenfalls an.



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